Kapellenbegasungen
Holzschuher-Kapelle in Nürnberg begast; Holzwurm stirbt neben Dürer-Grab
Der Johannisfriedhof in Nürnberg ist ein weitbekannter Friedhof mit historischen und künstlerisch wertvollen Bronzeepitaphien sowie kulturgeschichtlich bedeutsamen Gräbern berühmter Nürnberger aus vier Jahrhunderten, so von Dürer und Feuerbach. Wegen dieser historischen Sehenswürdigkeiten ist der Johannisfriedhof ein Ziel des Friedhofstourismus.
Auf dem Friedhof befindet sich die Holzschuherkapelle. 1506 wurde der ursprünglich als Heilig-Grab-Kapelle genannte Sakralbau vom Nürnberger Stadtwerkmeister Hans Beheim d.Ä. errichtet. Das Sterngewölbe mit seinen Blattwerkschlussstein zeugt von der hochgotische Sakralarchitektur. An der Südwand befindet sich die Grablege Christi als Abschluss des Kreuzwegs von Adam Kraft. Lazarus Holzschuher war 1523 der erste seines Geschlechts, der in der Holzschuherkapelle beigesetzt wurde. Die Patrizierfamilie Holzschuher betätigte sich vor allem im Textilhandel.
Die hölzerne Ausstattung der Friedhofskapelle war erheblich vom Gewöhnlichen Nagekäfer (Anobium punctatum) befallen und musste begast werden. Die Binker Materialschutz GmbH wurde beauftragt, die Begasung im Altarion® Viklean®-Verfahren mit gereinigtem Sulfuryldifluorid durchzuführen.
INFOBOX: Gasreinigung Handelsübliches Vikane-Gas enthält -obwohl 99,8%ig- immer noch herstellungsbedingt Säuren und Säureanhydride (=0,2%), wie HF, SOF2, HCl, SO2Cl2, Cl2 etc. Diese können z.B. Vergoldungen oder Metalloberflächen durch Korrosion schädigen. Deshalb wurde von Binker Materialschutz GmbH ein Reinigungsverfahren entwickelt, bei dem all diese Verunreinigungen vor der Anwendung des Begasungsmittels herausgefiltert werden, so dass nur hochreines und damit nicht-korrosives Sulfuryldifluorid in die Kirchen eingeleitet wird bzw. nur "sauberes" Vikane auf die Schädlinge in den zu begasenden Objekten einwirkt. Würden z.B. 250 kg ungereinigtes Vikane in eine Kirche eingeleitet, kämen zusätzlich 0,5 kg (=ein halbes Kilo!) Säuren/Säureanhydride in die Kirche! Schäden wären so vorprogrammiert. |
Dieses materialschonende Verfahren wurde von Binker Materialschutz GmbH schon erfolgreich in Nürnberg in der Lorenzkirche, in der Evangelischen Kirche in Kraftshof, im Schloß Neunhof, am Apollo-Tempel des Cramer-Klett-Parks und weiteren Objekten angewandt.
INFOBOX: Testblöcke Zur Überprüfung der Wirksamkeit von Begasungen werden Testinsekten (Anobien- oder Hausbocklarven) in hölzernen Testblöcken vor der Begasung in die zu begasenden Gebäude, wie Kirchen oder Museen, eingefügt und in unterschiedlichen Raumhöhen postiert.
Die Testblöcke werden nach der Begasung aus den belüfteten und Begasungsmittel-freien Gebäuden entnommen und im Labor ausgewertet. Die vollständige Abtötung aller Test-Larven bestätigt dem Auftraggeber gegenüber die volle Wirksamkeit der Begasung. |
Nach vollflächiger Abdichtung von Fenstern, Türen mit Gassperrfolie und Verschließen von Gewölbeöffnungen konnte ein neutrales, ungiftiges Spürgas in die Kapelle eingeleitet werden, um die Dichtigkeit der Abdichtung im Vorfeld der eigentlichen Begasung zu bestimmen. Dieses (von Binker Materialschutz GmbH patentierte) Verfahren ist bei kleinen Begasungsobjekten mit einem Volumen von unter 500 m3 mittlerweile nach TRGS 512 vorgeschrieben.
INFOBOX: Spürgastest bzw. Simulation der Begasung mit Spürgas oder Testgas Im Vorfeld von Begasungen mit Sulfuryldifluorid (Vikane) kann nach der hermetischen Abdichtung der zu begasenden Objekte zunächst ein ungiftiges Testgas eingeleitet werden. Das Testgas weist ein nahezu gleiches Effusions- und Diffusionsverhalten auf wie das eigentliche Begasungsmittel Sulfuryldifluorid. Aus der eingesetzten Menge des Testgases, seiner korrespondierenden Konzentration in der Luft des abgedichteten Gebäudes und deren zeitlichen Abnahme lässt sich die Luftwechselrate des zu begasenden Gebäudes vor der eigentlichen Begasung exakt ermitteln. Während sich beim Drucktest (Dichtigkeitstest) nach Merkblatt 71 der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft kaum aussagekräftige Ergebnisse bzgl. der zu erwartenden Luftwechselrate ableiten lassen, kann nun mit der von Binker Materialschutz GmbH entwickelten Testgas-Methode die Luftwechselrate der zu begasenden Gebäude sehr genau ermittelt werden. Das Risiko der Beschädigung der Abdichtung durch das Anlegen eines Unter- oder Überdrucks wie beim Drucktest tritt hierbei nicht auf. Mit Hilfe des Testgases können auch Diffusionswege bzw. Leckagen aufgespürt werden. Damit wird es möglich, die bislang "unsichtbaren" undichten Stellen im Mauerwerk oder der Gebäudehülle zu begasender Objekte im Vorfeld von Begasungen gegen die Schädlinge ermittelt werden. Diese können anschließend nachgedichtet werden. "Überraschungen" bleiben so aus, die Sicherheit wird erhöht. Das Testgas wird deshalb auch Spürgas genannt.
Auf Grund der ermittelten Testgas-Luftwechselrate (Maß für die Dichtigkeit mit der physikalischen Einheit [1/h]) ist es auch möglich, die zur Abtötung der Holzschädlinge minimal notwendige Sulfuryldifluorid-Anfangskonzentration bei vorgegebener Raumtemperatur und festgelegter Einwirkzeit genau zu berechnen. Unnötige Überdosierungen aus Umweltschutzgründen oder zusätzliche Nachdosierungen (Kostensicherheit) an Sulfuryldifluorid werden dadurch vermieden. Die durch das Testgas ermittelte Halbwertszeit des Gasverlustes stimmte mit der von Sulfuryldifluorid während der eigentlichen Begasung gegen die Schädlinge überein. |
Dann war es soweit: Das Begasungsmittel leitete Begasungsleiter Hans Brütting in die Kapelle ein. Es wirkte einige Tage ein und wurde dann kontrolliert abgelüftet bevor ein Gasrestnachweis bestätigte, dass keine Begasungsmittelspuren mehr in der Kapelle sind. Zur Wirksamkeitskontrolle wurden in der Kapelle an verschiedenen Stellen vor der Begasung sogenannte "Testblöcke" ausgelegt, die lebende Anobienlarven enthielten. Diese waren nach der Begasung tot, so konnte die Begasung als erfolgreich deklariert werden.
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