Materialzerstörung durch Schimmelpilze
Schimmelpilze können im Haushalt der Natur als Nützlinge bezeichnet werden, indem sie totes (organisches) Material abbauen und in Form von Erdboden den Pflanzen als Nährstoffquelle wieder zurückführen. Für uns werden sie aber in dem Augenblick, wo sie vom Menschen genutzte Materialien zerstören, zum Schädling. Die Zerstörung oder Schädigung von Materialien durch Schimmelpilze beruht hauptsächlich auf chemischen Veränderungen. Hier nutzt der Schimmelpilz das Material als Nährsubstrat, was zur Folge hat, dass sich das Material allmählich aufgelöst (z.B. Abbau der Zellulose) oder durch Stoffwechselprodukte nachteilig verändert wird.
Abbau von |
Schimmelpilzart |
Schaden |
Holz |
Schimmelpilze aus den Gruppen der Ascomyceten und der Fungi imperfecti, wie z.B. Aureobasidium pullulans, Trichoderma viride, Gliocladium roseum und Vertreter der Gattungen Alternaria, Cephalosporium, Chaetomium, Fusarium, Penicillium und Phialaphora |
Abbau der Zellulose verbunden mit einer auffälligen Verfärbung (Vergrauung) sowie Verluste des Holzes an Gewicht und Festigkeit (Moderfäule). |
Papier |
Schimmelpilze aus den Gruppen der Zygomyceten (Absidia, Mucor, Rhizopus, Thamnidium) sowie Ascomyceten(Chaetomium) und Fungi imperfecti (Aureobasidium, Alternaria, Aspergillus, Cladosporium, Fusarium) |
Bei hoher Luftfeuchte (über 65%), fehlerhafter Lüftung, zu dichtes Stapeln oder Folienumverpackung kommt es zu Verfärbungen bis hin zur völligen Zerstörung. Dies wird gefördert durch Zusätze von eiweiß- und stärkehaltigen Leimsubstanzen sowie durch Verwendung von wenig gereinigtem Zellstoff. |
Textilfasern |
Gefürchtete Zellulosezerstörer sindChaetomium globosum, Myrothecium verrucaria, Stachybotrys atra, Alternaria, Aspergillus |
Risse, Lochschäden, Verfärbungen, Modergeruch, Durchriß, verminderte Festigkeit |
Zellglas (Cellophan) |
Chaetomium, Aspergillus, Penicillium, Sclerotium |
Geringer Schaden, bedingt durch die widerstandsfähige Oberflächenbeschichtung aus Nitrozellulose und Polyvinylidenchlorid |
Wolle |
Die schwefelhaltigen Keratinen werden bei Luftfeuchten von 95% (Materialfeuchte 20-30%) durch Chaetomium globosum, Cladosporium herbarum und Penicillium lilacinum angegriffen. |
Verfärbungen und Zerstörung durch Enzyme, vorallem wenn die Wolle durch Fett und Seifenreste verunreinigt ist |
Leder |
Hauptsächliche Vertreter sind die Gattungen Aspergillus und Penicillium sowie auch daneben Alternaria, Cladosporium, Fusarium, Mucor, Paecilomyces, Rhizopus und Trichoderma |
Tierische Häute werden als eiweißhaltiges Material bereits bei der Verarbeitung zu Leder von Schimmelpilzen befallen. So verursachen Penicillien und Aspergillen grüne und schwarze Flecken. Fertiges Leder ist widerstandsfähiger als ungegerbtes Rohmaterial, wobei neben der Fleckenbildung vorallem ein Verlust an Festigkeit durch Abbau der gegerbten Kollagenfasern entsteht. |
Kunststoffe |
Kunststoffe, vorallem reine Polymere wie Polyethylen und Polypropylen, Polystyrol und Polyvinylchlorid, zeigen eine erhebliche Widerstandsfähigkeit gegenüber Schimmelpilze. Zuschlagstoffe wie Weichmacher, Emulgatoren, Füllstoffe und Bindemittel in den Kunststoffen können aber durch Schimmelpilze (Absidia, Chaetomium, Acremonium, Aureobasidium) abgebaut werden. |
Verminderung der Reiß-, Zug- und Biegefestigkeit sowie nicht mehr entfernbare Verfärbungen können auftreten. |
Dichtstoffe |
Acremonium , Phoma, Fusarium und Penicillium können Polysulfid-, Silikon- und Polyurethan-Polymere, die als Dichtungsmaterial bei Dehnungsfugen oder Fensterdichtmassen Verwendung finden, abbauen. |
Dunkle Flecken z.B. bei Dehnungsfugen in Schwimmbädern oder Fenstersilikon im häuslichen Badbereich zeugen von eingewachsenen Pilzmyzelien. |
Gummi |
In Altreifen wurden gummiabbauende Schimmelpilze der Gattungen Cladosporium, Fusarium, Mucor, Paecilomyces und Pennicillium nachgewiesen. |
Versprödung sowie Verminderung der Reiß-, Zug- und Biegefestigkeit |
Farben |
Alternaria , Aureobasidium, Cladosporium, Fusarium, Penicillium und Phoma Gattungen wurden sowohl in leinölhaltigen Farben wie auch in Öl- und Emulsionsfarben gefunden. Farben mit Erdpigmenten (Umbra) werden besonders leicht angegriffen, während Zusätze von Schwermetallen sich sehr resistent zeigten. |
Verfärbungen, Flecken und Bewuchs |
Wand- und Deckenanstriche |
Häufige Anstrichzerstörer, vorallem bei hoher Feuchtigkeit in Waschräumen, Bädern und Küchen, sind Aureobasidium pullans, Chaetostylum fresenii, Cladosporium herbarum, Penicillium expansum und Thamnidium elegans, seltener Aspergillus niger und Mucor hiemalis |
Muffiger Geruch und Verfärbungen |
Tapetenfarbstoffe |
Scopulariopsis brevicaulis, Aspergillus glaucus, Mucor mucedo und Penicillium sp. setzen aus den damals verwendeten Arsenverbindungen (z.B. Arsenoxid) die giftigen Verbindungen Trimethylarsin und Kakodyloxid frei, die bei Menschen zu Vergiftungs- und Todesfällen führten |
Verfärbungen und Flecken an den Objekten sowie Vergiftungs- und Todesfälle bei Menschen (!) |
Gemälde |
Angegriffen werden Farbschichten, Leime und Trägersubstanzen, vorallem bei höherer Luftfeuchte und geringer Luftzirkulation. Schimmelpilze mit hoher Enzymkapazität und geringen Ansprüchen an Nährstoffen wie vorallem Alternaria, Aureobasidium, Aspergillus, Botrytis, Chaetomium, Cladosporium, Mucor, Penicillium, Rhizopus, Stemphylium und Trichothecium sind verantwortlich |
Schwere Schäden durch Farbveränderungen, Fleckenbildung und Ablösen der Farbschichten, vorallem bei kondensatgebundenen Staub und Schmutz |
Glas |
Glas kann nicht direkt als Nährsubstrat genutzt werden, doch können Aspergillus, Chaetomium, Paecilomyces und Penicillium auf Schmutzschichten (Fingerabrücke, Schmiermittel, Staub) gedeihen |
Verätzungen durch Ausscheidungsprodukte |
Mineralische Baustoffe |
An der Verwitterung vonGesteinen in Gebäuden und an Denkmälern sind neben den bekannten physikalischen und chemischen Umgebungsfaktoren auch Schimmelpilze der Gattungen Aspergillus, Cephalosporium, Fusarium, Hormodendrum, Mucor, Penicillium, Spicaria und Trichoderma beteiligt |
Zersetzung durch produzierte und ausgeschiedene Säuren (Oxal-, Citronen-, Cluconsäure) |
Innenwände von Häusern |
Penicillium - und Aspergillus-Arten sowie der Ascomyzet Pyronema domesticum können bei ausreichender Feuchtigkeit (Kondensatbildung an schlecht isolierten Außenwänden, Fenstern etc.) und bei Vorhandensein von geeigneten Nährstoffen (Raufasertapeten mit hohem Anteil an Zucker, Eiweiß und Lignin sowie Dispersionsfarben mit Quellmittel auf Zuckerbasis) auf den Hausinnenwänden wachsen und gedeihen. |
Muffiger Geruch und Verfärbungen an den Wänden sowie gesundheitliche Beeinträchtigung der Bewohner |
Kohlenwasserstoffe (Treibstoffe) |
Schimmelpilze besiedeln nicht die Kohlenwasserstoffe selbst, sondern das Wasser, mit dem sie in Kontakt kommen. So befällt Aspergillus flavus Vaseline und Paraffinwachs sowie Penicillium sp. und Scopulariopsis sp. bevorzugt nur Paraffinwachs. Das als Frotschutzmittel verwendete Ethandiol wird von Acremonium sp., Penicillium pinophilum und vorallem von Penicillium simplicissimum abgebaut. Cladosporium resinae ist als "Kerosin-Pilz" bekannt und richtet Schäden in Flugzeugtanks (Verstopfung der Leitungen und Filter) an. |
Abbau der Kohlenwasserstoffmoleküle |
Metalle |
Durch Ausscheidung von organischen Säuren (Zitronensäure) und anderen Stoffwechselprodukten kann Cladosporium resinae Korrosionserscheinungen an Aluminium, Kupfer, Eisen und Blei verursachen. |
Korrosionsspuren |
Pharmazeutika und Kosmetika |
Pharmazeutische und kosmetische Produkte sind von komplexer Zusammensetzung und bestehen aus einer Vielzahl von Hilfsstoffen wie natürliche Gummis, Verdickungsmittel, Öle, Proteinhydrolysate, Tenside, Geschmackstoffe, Stabilisatoren, die das Pilzwachstum fördern können. Vertreter der Gattungen Alternaria, Aspergillus, Cladosporium, Fusarium, Mucor, Penicillium, Rhizopus und Trichoderma konnten isoliert werden. |
Schimmelbewuchs, muffiger Geruch, Unbrauchbarkeit |
Probennahme
Zur Identifizierung von Schimmelpilz - Befall gehört nicht nur eine Inspektion der befallenen Räume, es müssen auch Proben entnommen und analysiert werden. Baubiologische Begehung
Baubiologisch problematisch ist die häufig nicht ohne weiteres mögliche Erkennung eines aktiven oder auch inaktiven Schimmelpilzbefalls. Erste Hinweise für einen verdeckten Schimmelpilzbefall bieten dabei zunächst nur medizinische Diagnosen (s.o), sofern nicht ein bekanntes Feuchteschaden-Ereignis vorsorgliche Untersuchungen nahelegt.
Bei einem entsprechenden Verdacht sollte eine mikrobielle Haus- oder Arbeitsplatzuntersuchung mit adäquaten Methoden durchgeführt werden. Gegenstand der baubiologischen Begehung sind dabei eine ausführliche Gebäudeanamnese, eine visuelle Inspektion der Wohnräume, Feuchtemessungen sowie Probenahmen mit anschließenden Analysen.
Bei der ausführlichen Gebäudeanamnese werden anhand eines Fragebogens alle relevanten Parameter zur Wohnsituation erfasst. Die anschließende visuelle Inspektion umfaßt die Innenräume und Außenwände. Dabei wird der Standort und die Umgebung berücksichtigt. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Finden von möglichen Wasserflecken gewidmet.
Hauptwachstumsfaktor für Mikroorganismen ist die Feuchte. Feuchtigkeitsmessungen werden deshalb zur Bestimmung der Raumluftfeuchte und der Baumaterialfeuchte durchgeführt. Die relative Raumluftfeuchte gibt an, zu welchem Prozentsatz die Luft mit Wasserdampf gesättigt ist. Die Temperaturen und die relative Feuchte innen und außen werden mit einem Hygrometer erfaßt.
Die Bestimmung der Feuchtebelastung von Baumaterialien erfolgt mit einem Feuchtigkeitsmeßgerät, daß über einen Such- und einen Meßmodus verfügt. Der Suchmodus eignet sich besonders zum Aufspüren von Feuchtigkeit hinter Wandverkleidungen, Fußbodenbelägen und Keramikfliesen. Die Feuchtigkeit der Baumaterialien wird als prozentuales Holzfeuchteäquivalent digital und über eine Farbskala angezeigt. Gemäß DIN 68800 "Holzschutz im Hochbau" ist bei Holz mit einem massenbezogenen Feuchtegehalt von mehr als 20 % Schimmelpilzbefall möglich.
Die Menge des ungebundenen Wassers in einem Baumaterial, welches frei verfügbar für das mikrobielle Wachstum ist, wird am besten durch die Wasseraktivität (aW-Wert) beschrieben. Die Bestimmung erfolgt in einem abgegrenzten Raum über dem zu messenden Material (z.B. mit Hilfe einer kleinen Plastikfolie) direkt mit einem Luftfeuchtemesser, so daß das sich zwischen Material und Luft einstellende Feuchtigkeitsgleichgewicht erfaßt werden kann. Aus dieser sog. Gleichgewichtsfeuchte ist der Feuchtegehalt des Materials ableitbar. Dabei wird sich beispielsweise bereits bei einer Raumtemperatur von 20o C , einer relativen Luftfeuchtigkeit von 60 % und einer Oberflächentemperatur einer Außenwand von 15oC ein aW-Wert von 0,8 einstellen, bei dem bereits einige Mikroorganismen anfangen zu wachsen.
Die Pilzprobenahme erfolgt bei sichtbarem Schimmelpilzbefall als Oberflächen- oder Materialproben, bei verstecktem Pilzbefall zunächst als Luftprobe.
Üblicherweise werden zunächst die lebensfähigen Keime bestimmt (viable Sampling). Hierzu wird eine definierte Menge Probenahmematerial (Luft- oder Oberflächen-abklatsch) mit einem Anderson-N6-Impaktor oder einem LKS-Impaktor auf Malz-Agar und DG-18-Agar gebracht. Pro Raum empfiehlt es sich, 3 Proben auf DG-18-Agar für xerophile Schimmelpilze (einige Aspergillen Arten) bei einer Inkubationstemperatur von 23-25o C zu bebrüten, 3 Proben auf Malz-Agar mit einer Inkubationstemperatur von 37o C für thermotolerante Schimmelpilze (z.B. Aspergillus fumigatus) und 3 Proben auf Malz-Agar mit einer Inkubationstemperatur von 23-25o C. Eine entsprechende Probenanzahl ist je Messpunkt zu nehmen. Als Referenzwert wird die Außenluft nach dem gleichen Verfahren beprobt.
Als Ergebnis der Analyse wird die Identifizierung und Quantifizierung der Pilz- und Bakterienarten erstellt.
Zur Erfassung der gesamten Schimmelpilzbelastung in einem Innenraum gehört jedoch auch die Erfassung der nicht-lebensfähigen Keime (non - viable Messung). Einige Schimmelpilze wie z.B. Stachybotrys atra lassen sich nicht so ohne weiteres über Kultivierung nachweisen. Ebenso sind die z.B. nach dem Einsatz von Fungiziden in der Raumluft vorhandenen Sporenbruchstücke nur auf diese Art nachweisbar. Auch sie sind gesundheitlich relevanten Allergene.
Für die non-viable-Messung wird eine definierte Raumluftmenge über einen Gebläsemotor auf einen Mikroskop -Objektträger geblasen. Staubteilchen mit anhaftenden Allergenen bleiben auf dem Objektträger auf einer Vaselin-ähnlichen Beschichtung kleben. Der beladene Objektträger wird im Labor angefärbt und unter dem Mikroskop analysiert. Auch hier wird die Außenluft als Referenzwert zusätzlich beprobt.
Bewertung
Zur Bewertung ist zuerst ein Vergleich mit der in der Außenluft vorhandenen Grundbelastung vorzunehmen. In Europa kommen folgende Schimmelpilze am häufigsten in der Außenluft vor (Tab. 1). Dabei sind teilweise jahreszeitlich bedingte große Schwankungen zu berücksichtigen.
Sporen | Vorkommen in % | Tagesdurchschnitt (Sporen /m³) |
Cladosporium | 40 - 80 | 600.000 |
Basidosporen | 5-30 | 25.000 |
Ascosporen | 5-20 | 15.000 |
Aspergillus/ Penicillium |
2-20 | 15.000 |
Botrytis | 2-20 | 12.000 |
Hefen | 2-20 | 10.000 |
Alternaria | 1-10 | 7500 |
Didymelis | 1-10 | 7500 |
Fusarium | 1-10 | 7500 |
Ustilago | 1-10 | 7500 |
Tabelle 1
Für die Bewertung gelten folgende Grundsätze:
- Die Keimzahl im Raum sollte deutlich unter der Keimzahl im Freien liegen.
- Die Keimart im Raum sollte sich nicht wesentlich von der im Freien unterscheiden.
- Besonders pathogene Keime, z.B. Schimmelpilze wie Aspergillus oder Stachybotrys, sollten in Innenräumen gar nicht oder nur in sehr geringen Zahlen meßbar sein.
Zusammenfassend kann gesagt werden:
Versteckter Schimmelpilz in Innenräumen kann erkannt werden, wenn alle relevanten Puzzleteile aus medizinischer Diagnostik, Gebäudeanamese, visueller Inspektion der Wohnräume, Feuchtemessungen und unterschiedlicher Probenahme - Methodik berücksichtigt werden.
Sanierung
Das Vorhandensein von Schimmelpilzen stellt ein hygienisches Problem dar, das aus Gründen der Gesundheitsvorsorge nicht toleriert werden kann. Bei nachweislichem Schimmelpilzbefall müssen fachgerechte Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung der Schimmelpilze durchgeführt werden. Grundvoraussetzung für den Erfolg einer Sanierung ist die Beseitigung der Ursachen, die zum Auftreten des Schimmelpilzbefalls geführt haben. Nach der Sanierung müssen geeignete Maßnahmen getroffen werden, damit sich nicht durch ungünstige Bedingungen ein Neubefall einstellt.
Persönliche Schutzmaßnahmen
- Schimmelpilze nicht mit bloßen Händen berühren - Schutzhandschuhe tragen
- Schimmelpilzsporen nicht einatmen - Atemschutz (FFP2) tragen
- Schimmelpilzsporen nicht in die Augen gelangen lassen - Staubschutzbrille tragen
- Nach jeder Arbeit duschen und Kleidung wechseln. Empfohlen wir die Verwendung eines Einwegschutzanzuges mit Kapuze, Kat. III, Typ 5 + 6
Kurzfristige Maßnahmen
Wenn nicht sofort mit den Sanierungsmaßnahmen begonnen werden kann, ist zu prüfen, ob die befallenen Stellen übergangsweise möglichst ohne Staubverwirbelung gereinigt und desinfiziert werden können oder ob es Möglichkeiten gibt, die befallenen Stellen übergangsweise abzudecken, abzuschotten oder in Quarantäne zu verbringen. Zu beachten ist, dass auch für diese vorübergehenden Maßnahmen geeignete persönliche Schutzmaßnahmen (Atemschutz etc.) zu treffen sind. Als kurzfristiges Desinfektionsmittel hat sich für trockene Flächen 70%iger Ethylalkohol und für feuchte Flächen 80%iger Ethylalkohol bewährt. Der Einsatz von Fungiziden ist ebenfalls denkbar, wobei diese möglicherweise andere gesundheitliche Nachteile aufgrund der chemischen Zusammensetzung mit sich bringen können. Gezieltes Lüften und Heizen (Infrarot) der Befallsbereiche kann die Feuchtigkeit reduzieren und ein Schimmelwachstum vorübergehend verringern. Hierbei muß aber sichergestellt sein, dass zuvor bereits vorhandene Schimmelpilzsporen entfernt (z.B. geeigneter Staubsauger) worden sind, um hohe Konzentrationen an Schimmelpilzsporen und verwirbelbaren Staub in der Raumluft sowie die Entstehung von Sekundärquellen zu vermeiden.
Langfristige Maßnahmen
Eine Sanierung von schimmelpilzbefallenem Material muß das Ziel haben, die Schimmelpilze vollständig zu entfernen. Eine bloße Abtötung von Schimmelpilzen reicht nicht aus, da auch von abgetöteten Schimmelpilzen allergische und reizende Wirkungen ausgehen können. Bei der Sanierung von Schimmelpilzbefall können sehr hohe Konzentrationen an Sporen freigesetzt werden. Eine Sanierung sollte daher nur unter geeigneten Sicherheits- und Arbeitsschutzbedingungen von fachlich qualifizierten Personen durchgeführt werden. Da ein gesundheitliches Risiko bei der Schimmelpilzsanierung nicht auszuschließen ist, sollten Personen wie z.B. Allergiker oder Vorgeschädigten mit chronischen Atemwegserkrankungen oder geschwächtem Immunsystem derartige Arbeiten nicht ausführen. Der Sanierungsaufwand muß dem Schaden entsprechen und der Art der Raumnutzung angepaßt werden. Dabei spielen u.a. eine Rolle:
- Größe der befallenen Fläche
- Stärke des Befalls
- Tiefe des Befalls (nur oberflächlich oder auch in tieferen Schichten eingewachsen)
- Vorkommende Schimmelpilzarten (Allergierisiko, Infektionsrisiko, Toxine)
- Art der befallenen Materialien
- Art der Nutzung (Lagerraum, Archiv, Wohnraum, Kindergarten, Krankenhaus)
Sanierungsarbeiten kleineren Umfangs
Bei nur oberflächlichem Befall oder wenn die befallene Fläche nicht größer als ca. 0,4 qm beträgt und wenn keine Bauwerksmängel vorliegen, können die Sanierungsmaßnahmen ohne Beteiligung von Fachpersonal durchgeführt werden. In der Regel ist hier kein Risiko für gesunde Personen zu erwarten. Beispielhaft ist dabei folgende Vorgehensweise anwendbar:
Sofern vertretbar, sind die befallenen Teile (z.B. örtlicher Befall an Wohnraumtapeten) zu entfernen. Oberflächlich befallene Stellen sind feucht abzuwischen oder mit einem Staubsauger mit Feinstaubfilter ( Filterklasse H bzw. HEPA-Filter, ältere Bezeichnung K1) unter Beachtung der persönlichen Schutzausrüstung (Handschuhe, Atemschutz, Schutzbrille) abzusaugen. Anschließend können die so vorbehandelten Stellen mit 70-80%igen Ethylalkohol unter Beachtung der Brand- und Explosionsgefahr (nur kleine Mengen verwenden, gut lüften, nicht rauchen, keine offenen Flammen) desinfiziert werden. Nach der Sanierung ist eine Feinreinigung (Entfernung von mikrobiell belasteten Feinstaubpartikel) in der Umgebung der sanierten Flächen vorzunehmen. Alle bei der Sanierung anfallenden, mit Schimmelpilzen belasteten Abfälle, können im Plastikbeutel verpackt mit dem Hausmüll entsorgt werden.
Umfangreichere Sanierungsarbeiten
Grundsätzlich sind hierzu gewerbliche Firmen zu beauftragen, die mit solchen Sanierungsarbeiten, den hierbei auftretenden Gefahren, den erforderlichen Schutzmaßnahmen und den zu beachtenden Vorschriften und Empfehlungen vertraut sind. Zu beachten ist, dass nicht nur der Sanierer, sondern auch die Nutzer/ Bewohner bei der Beseitigung des Schimmelpilzbefalls durch geeignete Schutzmaßnahmen vor Schimmelpilzexposition geschützt werden. Dabei muß vorallem der Gesundheitszustand der Nutzer (Gesunde, Allergiker, Immunvorgeschädigte) berücksichtigt werden. Außerdem muß verhindert werden, dass sich Schimmelpilze durch die Sanierungsmaßnahmen in andere Bereiche der Räume oder Gebäude ausbreiten und dort eventuell zu neuen Problemen führen. Auf jeden Fall sind Lebensmittel und andere Gegenstände wie Kinderspielzeug oder Kleidung vor der Sanierung aus dem Räumen zu entfernen. Bei größeren Schimmelpilzschäden sollten die befallenen Bereiche staubdicht abgeschottet oder andere Maßnahmen ergriffen werden, um eine Ausbreitung der Schimmelpilzsporen zu minimieren. Nach Abschluß einer Schimmelpilzsanierung sollte ein "Freimessung" zum Nachweis, dass keine erhöhten Schimmelpilzsubstanzen mehr vorliegen, vorgenommen werden.
Wichtige Arbeitsschutzmaßnahmen bei Sanierungsarbeiten durch gewerbliche Firmen
Tätigkeiten, bei denen Arbeitnehmer Belastungen mit Schimmelpilzen und Actinomyceten ausgesetzt sind, sind als - nicht gezielte - Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in die Risikogruppe 1 und 2 gemäß Biostoffverordnung einzustufen. Außerdem liegt eine Gefährdung durch sensibilisierende Gefahrstoffe vor, da Schimmelpilz- und Actinomyceten-haltiger Staub als sensibilisierender Gefahrstoff eingestuft ist. Zu berücksichtigen sind z.B. die Anforderungen der nachfolgenden Regelungen:
- Biostoffverordnung
- TRBA 400 (Technische Regel Biologische Arbeitsstoffe) "Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen"
- TRBA 460 "Einstufung von Pilzen in Risikogruppen"
- TRBA 461 "Einstufung von Bakterien in Risikogruppen"
- TRBA 500 "Allgemeine Hygienemaßnahmen: Mindestanforderungen"
- TRGS 540 (Technische Regel Gefahrstoffe) "Sensibilisierende Stoffe"
- TRGS 524 "Sanierung und Arbeiten in kontaminierten Bereichen"
- TRGS 907 "Verzeichnis sensibilisierender Stoffe"
Magazin
In der Studie des Landes NRW zur Erforschung der allergischen Krankheiten von Archivmitarbeitern werden 16 Vorsorgeregeln aufgezeigt, um eine Gefährdung von Archivmitarbeitern zu minimieren, da davon ausgegangen werden muss, dass in den Magazinen mit einem erhöhten Schimmelpilzbefall und damit mit einer höheren Sporenkonzentration in der Luft gerechnet werden muss.20 Hier seien die wichtigsten wiedergegeben.
- Im Magazinbereich dürfen keine Dauerarbeitsplätze existieren.
- Unnötiges Bewegen der Archivalien / Bücher ist zu vermeiden.
- Jeglicher Verzehr von Lebensmitteln ist zu unterlassen; auch das Auftragen von Kosmetika sollte unterbleiben. Das Anfeuchten der Finger zum Umblättern ist ebenfalls zu unterlassen.
- Bei häufigerem Niesreiz, Haut- und Augenrötungen ist ein Arzt aufzusuchen, da der Verdacht auf eine Allergie besteht.
- Neueingänge und das Archivmaterial müssen regelmäßig auf Schimmelpilzbefall kontrolliert werden.
- Kontaminierte Bestände müssen sofort separiert werden.
- Oberflächenreinigungen dürfen nur unter geeigneten Absaugvorrichtungen (reine Werkbank) vorgenommen werden.
- Beim Umgang mit kontaminiertem Material ist eine ausreichende Schutzausrüstung zu tragen.
- Der vorhandene Staub ist, da er als Sporenträger fungiert, durch geeignete Lüftungssysteme und durch Reinigungsmaßnahmen zu minimieren.
- Bei vorhandenen Klimaanlagen ist auf einen regelmäßigen Wechsel der Filter zu achten.
- Diese Maßnahmen und die Aufklärung der Mitarbeiter über die Risiken und den Umgang mit schimmelpilzbefallenem Bibliotheksmaterial können nur die Gefahren minimieren. Ein vollständiger Ausschluss der Sporen ist für eine Bibliothek utopisch und auch nicht nötig, denn eine Bibliothek ist kein Operationssaal.