Schädlingsbekämpfung mit Bakterien und Viren
1. Bacillus thuringiensis, Berliner, 1915 (Familie: Bacillaceae)
Bacillus thuringiensis ist ein stäbchenförmiges, aerobes und grampositives Bakterium, das Endosporen bildet. B. thuringiensis produziert kristalline Proteine (Bt-Toxine), die spezifisch auf verschiedene Insektenarten, wie Käfer, Schmetterlinge, Hautflügler und Zweiflügler sowie Nematoden toxisch wirken, bei Pflanzen, Wirbeltieren und Menschen jedoch wirkungslos sind. Die Bt-Toxine werden deshalb zur Biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt.
Foto: Bacillus thuringiensis
Diese Eiweißkristalle entstehen zusätzlich bei der Sporenbildung. Die Eiweißkristalle werden im basischen Darmmilieu gelöst und enzymatisch in toxische Untereinheiten gespalten. Diese binden sich an spezielle Rezeptoren im Mitteldarm des Insektes, verursachen eine Porenbildung in der Zellwand der Darmepithelzellen, die zur Darmperforation und schließlich zum Tod des Insekts führt. Die jeweiligen Toxine müssen spezifische Anheftungsstellen auf der Zellmembran vorfinden, woraus sich ihre spezifische Wirkung gegen bestimmte Insekten erklärt.
2. Baculoviren
Viren gelten als gefährliche Krankheitserreger und als Bedrohung für die menschliche Gesundheit. Bei Insekten kommt eine Gruppe von Viren vor, die sogenannten Baculoviren, bei denen diese Eigenschaft gegen Schadinsekten genutzt wird. Bei den Baculoviren handelt es sich um relativ große Viren. Baculoviren haben sich stammesgeschichtlich getrennt von anderen tier- und humanpathogenen Verwandten entwickelt. Sie zählen wegen ihrer extremen Wirtsspezifität für einzelne Insektenarten zu den selektivsten und umweltfreundlichsten Pflanzenschutzmitteln. Zwar bedeutet die enorme Selektivität in vielen Fällen einen ökonomischen Nachteil, denn die Viruspräparate können immer nur gegen einzelne Schädlinge eingesetzt werden, wodurch die Anwendungs- und Marktsegmente der einzelnen Mittel relativ klein bleiben.
Foto: Baculovirus
Eine ganze Reihe natürlich vorkommender Baculoviren sind als biologische Pflanzenschutzmittel in Deutschland und anderen Ländern Europas zugelassen. Am wirtschaftlich bedeutendsten sind Viruspräparate gegen die Larvenstadien des Apfelwicklers (Cydia pomonella).
Literatur: J.A. Jehle und K. E. Eberle, bmelv, JKI-Forschungsreport 2-2010,
3. Coniothyrium minitans
Coniothyrium minitans ist ein spezifisch wirkender Parasit der Dauerkörper (Sklerotien) der Pflanzenkrankheitserreger Sclerotinia sclerotiorum, Sclerotinia minor und Sclerotinia trifoliorum.
Im feuchten Boden keimen die Sporen von Coniothyrium minitans zu Pilzhyphen aus. Der Bodenpilz dringt mit seinen Pilzhyphen in die Sklerotien des Krankheitserregers ein und zerstört sie, in dem er die darin vorhandenen Nährstoffe für seine eigene Ernährung nutzt. Damit wird der Boden biologisch entseucht. Coniothyrium minitans wirkt sehr spezifisch und parasitiert ausschließlich die Dauerkörper von Sclerotinia sclerotiorum, Sclerotinia minor, Sclerotinia trifoliorum Die sonstige Mikroorganismenflora im Boden bleibt unbeeinflusst, nützliche Gegenspieler anderer Schadorganismen werden in ihrer Aktivität nicht eingeschränkt.
4. Wolbachia
Wolbachia ist eine Gattung gramnegativer, parasitisch lebender Bakterien. Wichtigster Vertreter ist Wolbachia pipientis.
Das Beeindruckende an allen Wolbachia-Arten ist ihre Überlebensstrategie. Sie leben meistens in den Geschlechtsorganen der Wirtsorganismen und manipulieren deren Fortpflanzung zu ihrem Vorteil. Man hat beobachtet, dass mit Wolbachia infizierte Weibchen (z. B. Hypolimnas bolina) ausschließlich Weibchen gebären. Das Bakterium überträgt sich nur von der Mutter über die Eizellen, nicht aber vom Vater durch die Spermienzellen auf die Nachkommen.
Foto: Wolbachia-Bakterium
In manchen Arten können Wolbachia-Bakterien Parthenogenese auslösen, d. h. die Weibchen produzieren genetisch identische, ebenfalls infizierte Klone. Infizierte Männchen können sich bei einigen Arten nur mit infizierten Weibchen paaren, bei anderen Arten, z. B. einer Wespenart, zeugen sie nur männlichen Nachwuchs. Bei manchen befallenen Insekten wird der Hormonhaushalt der Nachkommen gestört, so dass sich auch aus genotypisch männlichen Individuen phänotypische Weibchen entwickeln.